Einmal im Jahr...
... schenke ich mir etwas Besonderes. Inzwischen ganz bewusst kurz vor Beginn der Adventszeit, wenn auch ich mich häufig frage, was ich Menschen, die mir wichtig sind, zum Christfest schenken könnte.
Und dann war da eines Tages vor über zehn Jahren sozusagen aus dem Nichts plötzlich die Frage: Warum schenkst Du Dir nicht auch selbst etwas? Bist Du es nicht auch wert?
Zunächst etwas widerstrebend – man möchte ja nicht als Egoist gelten - begann ich mich allmählich mit diesem Gedanken anzufreunden. Schließlich würden meine Frau und ich in der kommenden Adventszeit anderen Menschen viel schenken, nicht nur der großen Schar unserer Enkelkinder und deren Eltern, sondern durch „Brot für die Welt“ auch uns unbekannten notleidenden Nächsten in der Ferne.
Aber womit sollte ich mich selbst beschenken?
Etwas stand sofort fest: Es könnte sich nur um ein Buch handeln. Und es sollte ein Buch sein, dass über mindestens drei Generationen bis heute immer wieder gelesen und weiterempfohlen sein würde. Ein europäischer „Klassiker“ also.
Und nun, zur kommenden Weihnachtszeit, sollte es auch von einem guten Ende erzählen, zumindest darauf hoffen lassen. Schreckliche Schicksale werden in der Literatur mehr als genug geschildert. Das heißt zugleich: Ich dürfte mich an dieses Buch bereits als lesenswert erinnern, es vielleicht sogar schon in einer einfachen Ausgabe mit Gebrauchsspuren besitzen.
Aber es müsste für mich mit seinem Inhalt, seiner Sprache so wertvoll erscheinen, dass ich es gern in einer Gestalt besitzen möchte, die diesen Wert auch äußerlich repräsentiert, in der Schönheit des Einbands, in der Qualität des Papiers, in der gewählten Schrift, vielleicht auch mit einem Lesebändchen. So wie man auch ein anderes wertvolles Geschenk verpacken würde.
Manche werden jetzt sagen „Wie unvernünftig! Ein Taschenbuch reicht für den Text doch auch.“ Aber wie schrecklich sind Geschenke, die nur „vernünftig“ sind. In der Gestaltung „meines“ Buches sollten auch meine Gefühle als Buchliebhaber zum Ausdruck kommen.
Mein diesjähriges Buch für die Adventszeit ist mir schon vor Wochen von meiner Buchhandlung geschickt worden. Abholen kann ich es altersbedingt nicht mehr. Aber so kann ich es nun doch, am ersten Adventssonntag beginnend, Tag für Tag in größeren oder kleineren Abschnitten genießen, bis ich, wahrscheinlich erst nach Weihnachten, beim berühmten letzten Satz angekommen bin: „Und so endigt die schöne Geschichte und Gotteserfindung von Joseph und seinen Brüdern.“
Und ich werde dann erneut dankbar dafür sein, wie schön und ausführlich Thomas Mann sie erzählt hat.
Aber noch ein Rat für diejenigen, die nun vielleicht erstmals zu diesem wunderbaren Buch greifen werden. Ersparen Sie sich das sperrige und sehr gelehrt daherkommende „Vorspiel“. Die „schöne Geschichte“ beginnt erst nach ca. vierzig Seiten unter neuer Überschrift.
Dieter Brodtmann, Wettbergen