An Gründonnerstag erinnern wir uns an das letzte Mahl, das Jesus mit seinen Freundinnen und Freunden gefeiert hat. Abschiedsmahl und Liebesmahl zugleich, eine Stärkung für den Weg in die Nacht.
Auch in diesem Jahr feiern wir Gründonnerstag. So ganz anders als sonst! Nicht an langen festlich gedeckten Tafeln in der Petruskirche. Stattdessen: In unseren Wohnungen, im Kreis der Familie oder allein. Wenn möglich, beginnen wir alle um 19 Uhr – dann sind wir miteinander verbunden.
Zur Vorbereitung: Es braucht einen Tisch, einfach, aber liebevoll gedeckt, eine Kerze, vielleicht auch eine Bibel und ein Gesangbuch. Und natürlich ein Brot, das für alle reicht, einen Kelch oder ein Glas mit Wein oder Traubensaft, dazu Quark und Gemüse oder etwas anderes für eine einfache Mahlzeit. Vielleicht mögt ihr auch zwischen den einzelnen Texten oder während des Essens im Anschluss an das Agapemahl Musik hören. Das entscheidet jedeR für sich.
Ankommen – EineR sagt (oder im Wechsel):
Im Namen Gottes will ich aufrichten, was krumm ist und gebückt.
Im Namen Gottes will ich lieben, was allein ist und in sich verkehrt.
Im Namen Gottes will ich Frieden ausrufen in den Straßen, Recht sähen in den Herzen, Liebe üben, wo Hass herrscht.
Im Namen Gottes sind wir miteinander verbunden. Wir sehen und schmecken wie freundlich Gott ist. Im Namen unseres Gottes feiern wir diesen besonderen Abend. Amen.
Ein Lied singen/hören/lesen (z.B.: Herr, bleibe bei uns, EG 483)
Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.
Einen Psalm mitbeten – Mit einem Mahl
Die Nachricht dringt in mein Ohr: Groß sind die Werke des Herrn. Mit Brot und Wein verändert er die Welt und stiftet ein Gedächtnis, in dem er lebendig ist.
Mit einem Zeichen seiner Liebe erneuert er die Verbindung zwischen sich und denen, die ihm verbunden sind. Mit Brot und Wein stärkt er unseren Glauben, bewahrt er unsere Liebe, beschützt er unsere Hoffnung.
Mit einem Mahl verwandelt sich unsere Selbstsucht in Fürsorge, mit einem Mahl erfahren wir ein neues Bewusstsein: Der Glanz der Mächtigen verteilt sich auf das ganze Volk, die Barmherzigkeit gilt als neues Handlungsmotiv; der Überfluss der einen wird zum gerechten Ausgleich für die anderen; die Nahrung reicht aus für alle.
Jeder kommt zu seinem Recht, keiner kommt mehr zu kurz, jeder bekommt reichlich, niemand kommt mehr um, kein Mensch hungert mehr.
Mit einem Mahl – verändert ist die Welt. Amen.
aus: Hanns Dieter Hüsch, Uwe Seidel, Ich stehe unter Gottes Schutz. Psalmen für alle Tage, S. 45
Ein Lied singen/hören/lesen (z.B.: Herr, bleibe bei uns, EG 483)
Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.
Beten
Gott, wir kommen zu dir, wie wir sind. Mit dem, was uns freut, mit dem, was uns Angst macht. Du weißt, wir brauchen dein Wort, das uns frei macht zu reden, zu handeln. Du weißt, wir brauchen deine Nähe – in diesen Tagen ganz besonders. Gib uns und unserer Hoffnung Nahrung. Segne diese Mahlfeier. Amen.
EineR liest aus dem 1. Brief an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 11, Verse 23-26
23 Denn ich habe selbst vom Herrn eine Überlieferung empfangen. Und die habe ich euch weitergegeben: In der Nacht, in der er verraten wurde, nahm der Herr Jesus das Brot. 24 Er sprach das Dankgebet, brach das Brot in Stücke und sagte: »Das ist mein Leib für euch. Tut das immer wieder zur Erinnerung an mich!« 25 Genauso nahm Jesus nach dem Essen den Becher und sagte: »Dieser Becher steht für den neuen Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Er kommt zustande durch mein Blut. Tut das immer wieder, sooft ihr aus dem Becher trinkt, zur Erinnerung an mich!« 26 Denn sooft ihr dieses Brot esst und aus diesem Becher trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn – so lange, bis er wiederkommt!
(Übersetzung aus der Basisbibel)
Ein Lied singen/hören/lesen (z.B.: Herr, bleibe bei uns, EG 483)
Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.
Verkündigungsimpuls – Ein allerletztes Ma(h)l
Ein allerletztes Mahl. Ein allerletztes Mal sitzen wir zusammen. Die Essensreste auf den Tellern zeugen von dem Festmahl, das wir uns gegönnt haben. Eine Schieferplatte mit all den Käsesorten, die ich so liebe: Der Heumilchkäse aus den Alpen, bei dem ich an die Berge denken muss. Der Ziegenkäse aus Frankreich mit seinem Duft und dem reifen Kern. Der alte Amsterdamer, der so gut auf Baguette schmeckt. Und natürlich der Coeur de Lion, dessen Geruch die anderen nur mir zu Liebe ertragen. Daneben ein Platte mit Wurst, Schinken und Paté, eine Sorte köstlicher als die nächste. Weintrauben schmücken den Tisch und das warme Baguette liegt in Körben vor uns. Im kräftigen Rot des Weines spiegeln sich die letzten Sonnenstrahlen. Die Luft ist warm und klar, der Wind fährt leise raschelnd durch die Bäume.
Ich blicke in die Gesichter meiner Freunde. Für einen Moment steige ich aus den Gesprächen aus. Ich lehne mich zurück.
Ich sehe Markus in seinem maßgeschneiderten Anzug. 1200 km ist er gefahren, um heute Abend dabei sein zu können. Ich sehe Anna, von deren Kraft ich die vergangenen Monate leben durfte. Ich sehe Thomas, der uns noch immer alle wie auf Knopfdruck zum Lachen bringen kann. Ich sehe Tabea, in deren Augen so viel Trauer liegt, dass sie ihr Lachen verraten. Ich sehe Johanna, über deren Kommen ich beinahe am glücklichsten bin. Wir hatten es nicht leicht miteinander in der letzten Zeit. Nie konnte ich wissen, ob sie zurückkommt. Jetzt ist sie da. Was wird aus ihr, wenn ich nicht mehr da bin?
Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.
In meine Melancholie mischt sich das Gefühl, unfassbares Glück zu haben. Ich habe versucht mich in die Einsamkeit zu flüchten. Wollte mich darin laben, den anderen nur nicht zur Last fallen. Aber die Menschen an diesem Tisch haben nie zugelassen, dass ich die Verbindung ganz trenne. Und natürlich weiß ich – wissen wir alle – dass ich den Weg, der vor mir liegt, alleine gehen muss. Der Gedanke daran macht mir Angst. Doch irgendwie haben sie alle es geschafft, mich vor meiner Angst zu schützen, haben sie nie zur Verzweiflung werden lassen. Und selbst dann, wenn die Angst mich doch mal ganz im Griff hatte, waren sie da. Haben es einfach mit mir ausgehalten. Haben ausgeharrt bis das Schlimmste vorüber war.
Ich habe viel Wut, Zynismus und Verachtung nach Oben geschossen. Ich stehe dazu: Anders hätte ich es nicht ertragen. So konnten meine Gefühle jedenfalls einen Platz finden.
Noch einmal blicke ich in die Gesichter meiner Freunde. Und schicke einen Dank gen Himmel. Für Markus, für Anna, für Thomas, für Tabea, für Johanna und all die anderen. Für die Zeit, die ich mit ihnen hatte und auch für die Zeit bevor ich sie kannte. Für ein Leben, das mich oft genug geplagt, aber meistens begeistert hat. Für diesen Abend, an dem wir unser Leben feiern.
Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.
Tabea schaut zu mir herüber und ich bemerke, dass ihr Tränen in die Augen treten. Unsere Blicke begegnen sich für einen Moment. Ich lächle ihr zu, streiche ihr über den Arm. Sie schließt kurz die Augen, dann strafft sie ihre Schultern – und lächelt zurück.
Unsere Welt hat sich mit einem Mal verändert.
Ich erhebe mein Glas und die Gespräche verebben: „Auf das Leben!“, rufe ich. „Auf das Leben“, kommt es zurück. Amen.
Pastorin Kristin Köhler
Ein Lied singen/hören/lesen (z.B.: Von guten Mächten wunderbar geborgen, EG 65)
Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.
Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.
Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Stille/Tischgespräch
Musik oder ein Lied singen/hören/lesen (z.B.: Er ist das Brot, EG 228)
Er ist das Brot, er ist der Wein, steht auf und esst, der Weg ist weit. Es schütze euch der Herr, er wird von Angst befrein, es schütze euch der Herr, er wird von Angst befrein.
Er ist das Brot, er ist der Wein, kommt, schmeckt und seht, die Not ist groß. Es stärke euch der Herr, er wird euch Schuld verzeihn, es stärke euch der Herr, er wird euch Schuld verzeihn.
Er ist das Brot, er ist der Wein, steht auf und geht, die Hoffnung wächst. Es segne euch der Herr, er lässt euch nicht allein, es segne euch der Herr, er lässt euch nicht allein.
Miteinander das Mahl teilen und feiern
Auf meinem/unseren Tisch stehen Brot und Wein/Traubensaft, Zeichen der Hoffnung und der Fülle des Lebens, die Jesus uns geschenkt hat. Wenn wir davon esse und trinken, tun wir das in Gottes Gegenwart, dem wir alles Leben verdanken. Wir sind verbunden mit allen, die wir lieben. Gottes Friede ist unter uns.
Wir erinnern uns.
EineR liest aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 26, Verse 26-29
Beim Essen nahm Jesus ein Brot. Er lobte Gott und dankte ihm dafür. Dann brach er das Brot in Stücke und gab es seinen Jüngern. Er sagte: »Nehmt und esst! Das ist mein Leib.« 27 Dann nahm er den Becher. Er sprach das Dankgebet und gab ihn seinen Jüngern. Er sagte: »Trinkt alle daraus! 28 Das ist mein Blut. Es steht für den Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Mein Blut wird für die vielen vergossen werden zur Vergebung ihrer Schuld. 29 Das sage ich euch: Ich werde von jetzt ab keinen Wein mehr trinken. Erst an dem Tag werde ich mit euch neu davon trinken, wenn mein Vater sein Reich vollendet hat.«
(Übersetzung aus der Basisbibel)
Vater Unser beten
Vaterunser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.
EineR sagt: Jesus ist mitten unter.
Jetzt wird das Brot weitergegen, dann der Becher. Dazu kann gesagt werden: „Christus für dich!“. Am Ende ein Moment Stille.
Gebet zum Schluss
Wir danken dir, Lebendige, du hast uns um diesen Tisch versammelt. Du gibst Zeichen der Hoffnung inmitten von Dunkelheit und Kälte.
Wir danken dir Jesus Christus. Durch dein Leben ist für unser Leben eine neue Dimension sichtbar geworden. Du bist das Brot, das unsere Hoffnung nährt, das Licht, das unsere Welt erwärmt. Du bist der Mensch, an dem wir Menschen noch nicht Menschen sind. Du bist uns weit voraus und doch ganz nah. Du bist Weg und Ziel, du bist Unruhe und Friede.
Wir danken dir, Heilige Geistkraft, die du in unsere Herzen ausgegossen bist. Du verbindest uns über die Grenzen hinaus, die wir selbst uns setzen. Du hilfst uns hoffen, glauben, lieben.
Sei uns nahe, dreieiniger Gott, segne und behüte uns. Amen.
Jetzt wird miteinander gegessen! Mit Genuss, bei Musik, in Stille. Wir ihr mögt.
Einen Abendlied zum Abschluss singen/hören/lesen (z.B.: Der Mond ist aufgegangen, EG 482)
Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen,
Am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget
Und aus den Wiesen steiget,
Der weisse Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so stille
Und in der Dämm'rung Hülle,
So traulich und so hold,
Gleich einer stillen Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer,
Verschlafen und vergessen sollt.
Seht ihr den Mond dort stehen,
Er ist nur halb zu sehen
Und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht seh'n.
So legt euch denn ihr Brüder
In Gottes Namen nieder.
Kalt weht der Abendhauch.
Verschon' uns Gott mit Strafen
Und lass' uns ruhig schlafen
Und unsern kranken Nachbarn auch.