Jahresthema "Willkommen in Deutschland!?" beschäftigt auch beim Empfang des Kirchenkreises
Bewusst am Abend vor dem Reformationstag initiierte der frühere Superintendent Hermann de Boer im Jahr 2007 den Empfang des Kirchenkreises. "Damit hat dieser Empfang einen besonderen thematischen Akzent. Kirche stellt sich den Themen der Gesellschaft", meinte Superintendentin Antje Marklein in ihrer Begrüßung der gut 120 Gäste in der Michaeliskirche. Sie stelle sich gern in diese Tradition. "Willkommen in Deutschland?!" - das Jahresthema im Kirchenkreis war auch Schwerpunkt des Empfangs. "Initiativen wachsen, die Flüchtlinge willkommen heißen. Aber es gibt leider auch andere Erfahrungen. Fremdenhass bekommt Aufwind. Kirche und Gesellschaft sind hier gefordert", sagte Antje Marklein. Obwohl nur ein Prozent der syrischen Flüchtlinge in Europa aufgenommen werden, seien Gemeinden stark belastet und Land und Bund gefragt, hier zu unterstützen. Statt eines Vortrags folge auf ihre Begrüßung ein Gespräch mit sechs Fachleuten, die jeweils unterschiedliche Aspekte des Themas beleuchteten und Fragen von Antje Marklein und Pastorin Elke Pankratz-Lehnhoff beantworteten. Oliver Strübing vom Flüchtlingsrat Niedersachsen nannte Gründe, weshalb Menschen aus ihren Herkunftsländern flüchten. Dies seien in Syrien Krieg und Gewalt, in Afghanistan Menschenrechtsverletzungen oder geschlechtsspezifische Gewalt, in Serbien für die Roma Armut und Diskriminierung oder aus Eritrea eine repressive Militärregierung und Inhaftierungen aus politischen Gründen. Wichtig für die Anerkennung von Fluchtgründen sei die Genfer Flüchtlingskonvention. Ebenso wie andere Redner kritisierte er das Abkommen von Dublin, das unter anderem regelt, dass Flüchtlinge, die aus sicheren Drittstaaten einreisen, wieder in dieses Drittland abgeschoben werden. "Deutschland ist umringt von sicheren Drittstaaten, so dass eigentlich nur ein direkter Flug als anerkannter Fluchtweg gilt". Alptekin Kirci aus dem Arbeitsbereich Migration im Land Niedersachsen, hob positive Veränderungen hervor. So sei Deutschland ein Einwanderungsland und auch die Willkommenskultur verbessere sich. Wichtig sei eine europäische Flüchtlingspolitik, in der auch die Verteilung von Flüchtlingen auf europäischer Ebene geregelt werde. Viele der Flüchtlinge seien hochqualifiziert. "Warum müssen sie das Verfahren durchlaufen", fragte er. Eindrücklich schilderte Karin Loos als Vertreterin des Netzwerks für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen ihre Arbeit. Viele der Kinder und Erwachsenen seien durch ihre Erlebnisse traumatisiert. Die Bilder bleiben im Kopf. "Kinder sind doppelt betroffen. Sie haben selbst traumatisches erlebt und leben mit traumatisierten Eltern", sagte sie. Traumatisierte bräuchten sichere, innerliche und äußerliche Orte und müssen die Auslöser von Traumata vermeiden. "Unser großer Wunsch ist es, dass es schnelle Entscheidungen gibt, um Sicherheit herbeizuführen für die Geflüchteten. Sie dürfen nicht in Europa hin und her geschoben werden". Die Gesellschaft kann sichere Orte schaffen, wie Sport einmal in der Woche im Verein oder auch geduldige Erwachsene, die verlässlich da sind und stützen und die "Dämonen der Vergangenheit aushalten".
Die Aufgaben der Region Hannover erläuterte Doris Klawunde. Die Region sei nach dem Asylbewerberleistungsgesetzt nur zur reinen Kostenübernahme von Unterkunft und Unterhalt verpflichtet. Die Pauschale des Landes decken diese Kosten real nicht. "Es gibt keinen gesetzlichen Auftrag für eine Betreuung von Flüchtlingen, weder für die Region noch die Kommunen", betonte sie. In den 20 Kommunen der Region leben zurzeit circa 2000 Flüchtlinge, davon zum Beispiel 71 in Ronnenberg und 168 in Barsinghausen. "Das ist nicht viel". Neben den Leistungen aus dem Gesetz bieten die meisten Kommunen zusätzliche Betreuungsangebote. Deshalb plane die Region mit dem Haushalt 2015 auch einen Zuschuss von einer halben Million Euro für die Flüchtlingsarbeit. So werde es Zuschüsse für die Kommunen je nach Zuweisungen geben oder auch einen Dolmetscherpool.