Ökumene auf dem Weg
„Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ - unter dieser Überschrift fand vom 31. August bis 8. September die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe statt. 800 Delegierte aus den 352 Mitgliedskirchen aus über 120 Ländern der Welt absolvierten dabei ein straffes Tagungsprogramm von Plenarsitzungen und weiteren Gremiensitzungen, von Wahlen, Diskussionen und Beratungen, sie feierten tägliche Andachten, trafen sich in sogenannten "Homegroups", um dort auch über die täglichen Bibeltexte zu sprechen, aber auch um mit Menschen aus ihrer Region in Kontakt zu bleiben, besuchten das Begleitprogramm, zu dem unter anderem die Stadt Karlsruhe und Gastgeberkirchen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz einluden.
Gleichzeitig besuchten mehrere Tausend weitere Gäste die Vollversammlung. So reiste eine gut 30-köpfige Gruppe aus der Landeskirche Hannovers von Sonntag, 4. September bis zum Ende der Tagung nach Karlsruhe. Zu dieser Gruppe gehörte auch Sabine Freitag als Brot für die Welt-Beauftragte des Kirchenkreises. "Es war eine faszinierende Zeit in Karlsruhe. Hier traf sich 'die Welt' im großen Zelt auf dem Kongressgelände, feierte mehrsprachige Gottesdienste und blickte auf die Themen der christlichen Kirchen und die großen Herausforderungen der Welt, wie die Klimakatastrophe, Gerechtigkeit oder der Krieg in der Ukraine", sagt sie. In Karlsruhe konnte die lebendige Ökumene gefeiert werden - bei allen Unterschieden und auch Uneinigkeiten, die sich im abschließenden Dokument zum Thema Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten zeigte. Zitiert werden im Dokument Organisationen, die die Situation der palästinensischen Bevölkerung in Israel als "Apartheid" bezeichnen, dagegen äußerte sich unter anderem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in ihrem Statement. Im beschlossenen Dokument werden die unterschiedlichen Meinungen offen benannt. Das Ergebnis langer, nächtlicher Beratungen, nachdem das Dokument am Mittwoch nicht beschlossen wurde - schließlich verabschiedet der ÖRK seine Beschlüsse immer im Konsens.
Deutlich wurde in Karlsruhe auch der Wunsch der Jugend formuliert, in die Arbeit des ÖRK eingebunden zu werden und dort mit ihren Zukunftsthemen stärker gehört zu werden. Mehr dazu: https://www.oikoumene.org/de/news/press-conference-focuses-on-key-role-of-youth-in-addressing-the-worlds-injustices
In seiner Rede zum Ende der Versammlung nannte der gewählte neue Generalsekretär Professor Jerry Pillay verschiedene Ziele für seine Amtszeit, die am 1. Januar beginnt. So will er die Gemeinschaft der christlichen Kirchen weiter stärken. In einer gespaltenen Welt sei es umso wichtiger, dass die Kirchen einig seien, betonte er. Diese Einheit gehe mit Gerechtigkeit und Frieden einher, im Dienst für die Armen. Eine bessere Welt zu schaffen, gehe nur gemeinsam, auch über verschiedene Meinungen hinaus. Er wünsche sich, dass in der Ökumene Orte für gleiche Chancen entstehen. Das Konsensmodell fördere dabei eine Kultur der Partizipation der Mitgliedskirchen. Er freue sich auf die Aufgabe, die vor ihm liege, begegne ihr aber auch mit Respekt, sagte er.
Die Vollversammlung fand erstmals seit Gründung des ÖRK in Deutschland statt. In der Regel kommen die Delegierten alle acht Jahre zusammen. In Karlsruhe wählten sie auch den Zentralausschuss, der bis zur nächsten Vollversammlung das wichtigste beschlussfassende Gremium ist und alle zwei Jahre tagt. Neuer Vorsitzender ist Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Der Zentralausschuss wählt aus seiner Mitte zwanzig Personen zu Mitgliedern des Exekutivausschusses. Der Exekutivausschuss tagt zweimal im Jahr.
Fotos und Text: Freitag