„Dona nobis Pacem“ in der Holtenser Kirche
In diesem Jahr hatten die Initiatorinnen Jutta Schwerdtfeger und Barbara von Witzleben ihre Konzertveranstaltung „Dona nobis Pacem“ in der Holtenser Kirche vom Tag der Einheit auf den 30. Jahrestag der Maueröffnung am 9. November verlegt. Wie in den vergangenen Jahren konnten sie junge Musizierende aus Holtensen, Wennigsen und Bredenbeck zum Mitmachen bewegen. Zur Einstimmung in den Nachmittag hatten Kinder aus der Grundschule Wennigsen zusammen mit ihrer Lehrerin Silke Rathing-Krone Udo Lindenbergs Lied „Komm, wir zieh’n in den Frieden“ eingeübt und dazu Artikel aus dem Grundgesetz zitiert, die zu einem friedlichen Miteinander in unserer Gesellschaft auffordern. Ein Ensemble junger Sängerinnen leitete mit dem israelischen Kanon „Shalom Chaverim“ zum Gedenken an den Tag vor 81 Jahren über, an dem in der Pogromnacht Synagogen in Dörfern und Städten brannten und der Hass auf jüdisches Leben, auf ihre Kultur und Religion einen Tiefpunkt erreichte. Sophia Rehren (Altblockflöte) und Barbara von Witzleben (Klavier im Cembaloklang) verhalfen mit dem „Andante aus der Sonata e-moll“ von Johann Sebastian Bach den Zuhörenden in der vollbesetzen Holtenser Kirche zu Momenten des stillen Gedenkens. Auch ein von Barbara von Witzleben auf der Orgel gespieltes Präludium des sowohl im jüdischen wie im christlichen Glauben beheimateten Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy regte zum Nachdenken an.
In einem fiktiven „Gespräch auf dem ost-westlichen Sofa“ (Jutta Schwerdtfeger, Julia Leske, Dirk Steffens) wurde im Verlauf der Veranstaltung die öffentliche Glückseligkeit angesichts der Maueröffnung vor dreißig Jahren in die Erinnerung zurück gerufen, aber auch die Ernüchterung, die in den Jahren danach folgte. Der „Wind of Change“, ein Ohrwurm in Wendezeiten von den „Scorpions“ komponiert, jetzt in der Kirche von Julia Leske gepfiffen, gesungen und von Maria Dinse (Gitarre), Silke Münstermann (Geige), Barbara von Witzleben (Klavier) begleitet, hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Musikalische Höhepunkte waren die von Marcel Gramann gespielten Trompetensolos. Der „Trumpet Tune u. March“ von Jeremiah Clarke oder ein Intermezzo aus der Oper „Cavalleria Rusticana“ wären dazu geeignet gewesen, nicht nur die Mauern von Jericho zum Einsturz zu bringen, sondern auch die Berliner Mauer.
Eine besondere Überraschung hatten sich die jungen Sängerinnen ausgedacht. Sie machten die Erinnerung an die friedliche Revolution in der DDR erlebbar, indem sie zunächst mit Nachdruck und dem Ausgang der Kirche entgegen marschierend ein Lied aus der alten DDR sangen: „Bau auf, bau auf, bau auf, Freie Deutsche Jugend bau auf“ und seine Fortsetzung „für eine bessre Zukunft bauen wir die Heimat auf“ in Misstönen enden ließen. Dann kamen sie zurück mit Flugblättern, mit denen sie die Zuhörenden zum Mitsingen eines neuen Liedes motivierten. Es war ein Lied des Liedermachers Ingo Barz, das während der Friedensgebete in den Kirchen Ostdeutschlands häufig gesungen wurde. Dieses Lied besingt die Sehnsucht nach offenen Grenzen und der Freiheit des Geistes, nach dem Mut zu streiten und dem Schutz der Minderheiten, der Sehnsucht auch nach sauberen Flüssen und gesunder Luft zum Atmen. Ingo Barz hatte sein Lied zu der Melodie „Die Gedanken sind frei“ gedichtet. Ein Lied, das auch in unsere gesamtdeutsche Gegenwart hinein passt. Ein kräftiger Gesang hallte durch die Kirche.
Besinnlich wurde es noch einmal als die beiden Initiatorinnen Jutta Schwerdtfeger (Gesang) und Barbara von Witzleben (Klavier) das Lied von Benny Andersson und Björn Ulvaeus anstimmten: Like an Angel Passing through my room.
Nach dem Gemeindegesang „Der Mond ist aufgegangen“ verabschiedete das Publikum die Mitwirkenden stehend mit langanhaltendem Applaus.
Dirk Steffens